Jeremy Scott verlässt Moschino

Ein bisschen Spaß muss sein, auch in der Mode. Kein Designer der Gegenwart versteht das so gut wie Jeremy Scott. Seine erste Moschino-Show war ein Big Bang: Zu Beginn Kostüme und Kleider im Rot und Gelb von McDonald’s, dazu Taschen mit einem geschwungenen „M“, das ans Logo der Fast-Food-Kette erinnerte. In der Mitte Spongebob-Strick und zum Schluss Kleider mit Chipstüten-Print. Was Jeremy Scott für den Herbst und Winter im Jahr 2014 erdachte, war eine Hommage an den schnellen Konsum. Nicht jeder in der Modewelt fand es lustig. Darf Luxus so etwa nicht aussehen? Dass er es darf, hat der Amerikaner allen Kritikern bewiesen, indem er beständig und überaus erfolgreich weitermachte mit seiner Mode. Die pinken Barbie-Kleider, die Minikleider mit „Sale“-Aufdruck im XL-Format und die Jackie-Kennedy-From-Outer-Space-Roben rissen ihm die Kundinnen aus den Händen. Mode als Performancekunst – perfekt inszeniert für die Instagram-Zeitalter. Nach zehn Jahren tritt Jeremy Scott nun von seinem Posten zurück. „Ich bin stolz auf das Erbe, das ich hinterlasse“, sagt er. Kann er auch. Über sein Moschino konnte man nicht nur lachen, man wollte darüber nachdenken. Ein Nachfolger wurde noch nicht bekannt gegeben.

ROSA WUNDER

Christo hätte seine Freude: In Rom, London, New York, Amsterdam und, wie hier, Tokio hat Andrés Reisinger Bauten in rosa Stoff oder Plüsch gehüllt. Allerdings nur am Computer. „Take Over“ heißt das Projekt, für das der Digitalkünstler aus Barcelona so täuschend Fiktion und Wirklichkeit vermischt, dass, kaum hatte er die ersten Bilder auf Instagram gezeigt, die Leute nach den genauen Adressen der Gebäude fragten. Sie wollten sie besichtigen. Klar, dass der Mann in seiner Branche ein Weltstar ist.

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Die Mutmacherinnen

Es liegt in der Natur der Sache, dass man den Frauentag nicht mit derselben Leichtigkeit feiert, die den Herrentag bestimmt. Ja, Feminismus ist noch immer kein selbstverständliches, sondern drängendes Thema. Mit der „Pomellato for Women“ Kampagne kämpft die Mailänder Schmuckmanufaktur Pomellato seit sechs Jahren gegen die Grenzen weiblicher Freiheit. Das Ziel ist nicht weniger als die Gleichstellung der Geschlechter. Gemeinsam mit Markenbotschafterin Jane Fonda und CEO Sabina Belli erzählen Schauspielerin Joey King, Profikletterin Nasim Eshqi und Aktivistin Paola Egone im diesjährigen Kampagnenfilm von ihrer persönlichen Suche nach Freiheit sowie strukturellen Grenzen. Nasim Eshqi offenbart etwa ihre Erfahrungen mit Drohungen und Unterdrückung, die sie als Bergsteiger-Pionierin mit der iranischen Regierung machen musste: „Es war ein Kampf darum, die zu sein, die ich sein will.“ Und das ist einer, der sich immer lohnen wird.

Balenciaga Winter 2023/24

Schiaparelli

Er kann es einfach: Mit Daniel Roseberry hat Schiaparelli tatsächlich den Designer, der die legendäre Marke zu zeitgenössischer Begehrlichkeit führt. Mit der ersten Prêt-à-porter-Show in Paris hat er gezeigt, dass Schiaparelli nicht nur Haute Couture kann. Schließlich ist auch der Vertrieb auf Expansion ausgerichtet, bei Harrods wurde kürzlich ein eigener Store eröffnet.

Die Kollektion ist eklektisch wie einsetzbar, die überwiegend schwarzen Anzüge und Kleider auf Figur geschnitten, mit weichen Schultern und schmaler Taille, dabei auf eine Weise, die nicht nur nach Größe 34 ruft. Natürlich fehlt die „Signature“, die goldenen Details, fein dosiert, nicht. Das weiße Ensemble mit schwingendem Rock und Rollkragen (wichtig, die dicke Goldkette dazu) hat Starqualität, die Mäntel sind einfach schön. Es spielt dem Haus sicher in die Karten, dass es nach den Covid-Jahren eine neue Sehnsucht nach Eleganz gibt, auf die die Mode derzeit flächendeckend antwortet. Bei Schiaparelli gehört sie zur DNA.

Kleines Augenzwinkern am Rande: Hatten bei der Haute Couture die perfekten Rekonstruktionen von Dante Fabeltieren Löwe, Schneeleopard und Wolf noch für Aufregung gesorgt, kam der schwarze Fellmantel nun ohne Tierkopf daher. Roseberry beherrscht halt die Gratwanderung zwischen irreal und real. Schiaparelli steht nun für beides.

„The organic-synthetic divide vanishes. As did gender distinctions and day and night. Sportswear, denim, and couture merge in shapes, materials, colours, and details. Here Lucie and Luke demonstrate how they master construction and technique, with a formalism but also a whimsy.“

Bottega Veneta mag vor zwei Jahren seinen Instagram-Account gelöscht haben, stattfinden muss die Marke auf Social Media natürlich trotzdem noch. Sandfarbene Stricksocken (etwa zu einem Lingerie-Look oder einem Pulloverkleid) haben Kreativdirektor Matthieu Blazy dieses Mal gereicht, um das Netz in Verzückung zu setzen. Gewöhnliche Socken? Bei Bottega Veneta? Wo Lederhosen neuerdings wie Jeans aussehen, also Luxus nicht mehr nur als Handwerk, sondern auch als Innovation begriffen wird? Ja, und genau deshalb sind sie aus Leder gestrickt und können auch wie Schuhe getragen werden. Dazu passen am besten die Pyjamas, die aussehen, als wären sie aus Flannel, in Wahrheit aber aus Nubuk sind. Nicht alles für den nächsten Herbst ist Cocooning und Illusion. Viele Teile beeindrucken schon auf den ersten Blick, wie etwa die Hemden, Jacken und Mäntel mit mehrlagigen Krägen und Manschetten oder ein mintfarbenens Kleid mit Federkaskade. Effektvoll, aber tragbar. Dieser Spagat ist bekanntlich die größte Modekunst. Bottega Veneta scheint übrigens langsam wieder aktiv Gefallen an Social Media zu finden: Auf Sina Weibo, einer chinesischen Plattform, ist die Marke seit ein paar Tagen wieder zurück.

Letztes Mal die große Sensation: Kim Kardashian hatte mit an der Sommerkollektion gearbeitet, erschien am Ende der Show sogar mit Domenico Dolce und Stefano Gabbana auf dem Laufsteg, flankiert von ihrer halben Familie. Diesmal der etwas kleinere Clou: Kim Kardashian in der Fron Row (aktuell modelt sie nämlich auch für die Sommerkollektion). Ihr dürften die Entwürfe für den nächsten Herbst gefallen haben. Dolce & Gabbana haben ein schwarzes Naked Dress nach dem anderen präsentiert, also Abendkleider (teils bodenlang und ausgestellt) aus einer transparenten Stofflage, die häufig mit Lingerie-Details wie Spitzenborten versehen sind.

Wer das ein bisschen zu einfach findet: Handwerklich sind solche fragilen Kleider große Kunst, weil sprichwörtlich nur ein Hauch von Nichts die Architektur ihrer Nähte trägt. Für alle, die es lieber etwas angezogener mögen, gab es zwischendurch Menswear-Tailoring; schwarze Smokings und Smoking-Kleider, weiße Hemden mit schwarzen Krawatten. Farbe? Ein bisschen Gold und Silber in Form von Etuikleidern und Mänteln. Zum Schluss neun Looks in sattem Rot (wird gerade zur Trendfarbe!): vom Lack- bis zum Federmantel. Casual war hier also gar nichts. Aber wer die Kardashian im Haus hat, setzt eben lieber auf den ganzen großen Auftritt.

„Ferragamo ist ein Kraftpaket, riesiger Veranstaltungsort, riesige Kollektion. Maximilian Davis macht wirklich einen tollen Job, es ist sicher nicht einfach, eine Luxusmarke zeitgemäß begehrenswert zu machen, ohne den Faden einer langen Geschichte zu verlieren. Nicht nur seine Eltern, die die Show und die Afterparty besuchten, waren begeistert. Und es war herzerwärmend, die Begegnung zwischen Max und seinem Ehrengast Lee Jeno bei der Aftershowparty zu sehen. Zwei höfliche, coole, brillante junge Männer. Das sind Typen, die wir in der Zukunft sehen wollen.“ Instagram Inga Griese